Über den Biohof...

Plötzlich bewegte sich etwas vor dem Mähbalken. Blitzartig stoppte ich die Mähmaschine und sah vor den spitzen Mähmessern ein kleines Rehkitz liegen. Die Maschine hatte es nicht verletzt, es prang auf und rief nach seiner Mutter und verschwand in der nahen Hecke. Ich war überrascht, denn noch nie hatte ich beim Mähen ein Rehkitz gefunden.
Jetzt war ich gewarnt, denn Rehmütter haben oft zwei Junge. Ich stellte die Maschine ab und durchsuchte die restliche Parzelle, folgte den Trampelspuren im hohen Gras – fand aber kein Rehkitz mehr.
Langsam mähte ich weiter, den Blick vorne auf den Mähbalken gerichtet. Immer wieder unterbrach ich die Arbeit, lief nach vorne und durchsuchte das hohe Gras – nichts.
Ich wendete, liess die scharfen Zähne des Messers auf den Boden sinken – und dann – ruckartig stoppte ich, lief nach vorne und sah vor dem Messer im Gras ein Rehkitz liegen. Klein und niedlich, mit den weissen Punkten auf dem braunen Fell, den kleinen wachen Ohren und den grossen Augen, die mich angsterfüllt anschauten. Freude erfüllte mich beim Anblick dieses kleinen Tieres.

Langsam schritt ich zurück zur Mähmaschine, stellte den Motor ab. Ich wollte das kleine Rehkitz nicht in die Flucht jagen, denn die Mutter würde zurückkommen um es zu säugen.
So schnitt ich das Gras auf der restlichen Parzelle nicht mehr und gönnte dem Kleinen das sichere Versteck. Als ich am Abend noch einmal zurückkehrte, war das kleine runde Nest im Gras leer.
Die Rehmutter war zurückgekommen und hatte das Kleine abgeholt, zog weiter mit ihren zwei Jungen.

Heute, früh morgens, kontrollierte ich die Kühe mit den Kälbern auf der Weide oberhalb der gemähten Fläche. Plötzlich sah ich eine Rehmutter mit ihren zwei keinen Kitzen zwischen Wachholderbüschen stehen. Eines der jungen Rehlein schaute mich an, spitze die Ohren, zwinkerte mir mit einem Auge zu und floh in eleganten Sprüngen davon.

Und dass es mir zugezwinkert hat – da bin ich mir ganz sicher!

Orlando